Der Berliner Dr. Bertram Nickolay vom Fraunhofer Institut IPK war Gastreferent auf der FMI-Tagung, wo sich die Spitzen der Scanner- und Digitalisierungs-Industrie trafen. Der FMI ist enger Partnerverband von motio. Dr. Nickolay leitet das weltweit beachtete "Stasi-Schnipsel-Projekt". Er und sein Team entwickelten eine Spezial-Software, die große Mengen zerrissener Papierschnipsel wieder zu lesbaren Dokumenten rekonstruiert. So werden bislang unerkannte Stasi-Verbrechen entdeckt. Unsere Strafverfolgungsbehörden, die Opferfamilien, Historiker und Politiker sind ihm hierfür sehr dankbar. Die Stasi hinterließ von Hand zerrissenes, aber noch verwertbares Material, das in rund 16.000 Säcken gelagert wurde. In jedem Sack liegen in etwa zwischen 2.500 bis 3.500 zerrissene Blätter in Schnipseln. Grob geschätzt gibt es noch ca. 400 bis 600 Millionen Schnipsel, die etwa 40 bis 55 Millionen Blätter ausmachen. Der Bundestag bewilligte für das Pilotprojekt einmalig 6,3 Millionen Euro. Diese Summe war für den gesamten Zeitraum der Technikentwicklung und der Testphase mit der Zusammensetzung von Schnipseln aus genau 400 Säcken bestimmt. Kernstück der Digitalisierung von Schnipseln aus DDR-Zeiten ist die Puzzle-Software, der "e-Puzzler". Per Algorithmus gelingt es, anhand formaler Parameter der Schnipsel wie Farbe, Risskanten oder Schrift, aber auch den Metadaten aus den Raster-Codes die digitalen Informationen zusammen zu fügen und sie dann als zusammengesetzte Seiten abzubilden.

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Dr. Nickolay ist ein interessanter Wissenschaftler, dessen Know-how in der ganzen Welt gefragt ist. Ob beschädigte Akten aus den Diktaturen von Pinochet in Chile oder Ceausescu in Rumänien, tausende uralter Papyri-Fragmente aus dem Ägyptischen Museum in Berlin, geschredderte Papiere, die Steuerfahnder beschlagnahmt haben, an allen Fronten ist er und seine Verfahren gefragt. Die Fraunhofer Scan-Software wird auch vom Stadtarchiv Köln genutzt, deren einst zu 90% verschüttetes Archivgut wiederherzustellen.